Die Helmstedter Studenten hatten die Gewohnheit, mit ihren Damen nach dem Amalienbad zu wandern und sich dort zu verlustieren, denn die Bekanntschaft mit einer Professorentochter konnte beim Examen sehr wertvoll sein.
Ebensooft gingen sie aber auch mit den Dienstmädchen, den „Besen", nach Harbke in den „Pudel", denn von ihrem Wohlwollen hing sehr oft ihr leibliches Wohl ab.
In Helmstedt fühlten sich die Studenten so recht als die Herren der Stadt. Wenn sie gestiefelt und gespornt auf dem „breiten Stein" daherkamen, mußten ihnen die Bürger Platz machen und heruntertreten. Auf dem Lande hatten sie jedoch Angst. Bauernsöhne und Knechte waren wohl im Gebrauche des Degens nicht bewandert, wußten dafür aber Zaunlatten und Wagenrungen gut zu gebrauchen.
Die Studenten hatten es sich angewöhnt, des Sonnabends im „Großen Krug" beim Krüger Keuneke in Emmerstedt zu kegeln. Jede „Neun" kostete eine Runde Bier, und der „Pumpenkönig" mußte einen Krug Branntwein zum besten geben. War ein Kegelabend auch oft recht feuchtfröhlich verlaufen, so zogen die Studenten doch wieder als gesittete Musensöhne durch den Hausmannsturm in die Stadt ein, denn der Marsch über den Pastorenweg ließ ihre benebelten Häupter wieder auslüften.
Einmal kamen nun die Studenten an einem Sonntag nach Emmerstedt. Einer von ihnen hatte Geburtstag und wollte seine Kameraden mit einem Faß Bier erfreuen, das im Großen Krug, ihrer Kegelkneipe, abgetrunken werden sollte. Sie ließen sich in der Däle nieder, Krüger Keuneke mußte ein Faß Bier heranrollen und Schoppen auf die Tische stellen. Dann begann die Feier mit einem Chorliede. Allmählich wurde es den Studenten aber zu langweilig, und sie dachten, es wäre doch schön, wenn sie noch eine Stunde kegeln könnten. Aber die Kegelbahn war besetzt, Bauernsöhne und Knechte kegelten. Als die Studenten den Wirt fragten, wann die Knechte aufhörten und sie kegeln könnten, entgegnete er: „Dat geiht nich. Sünnabends kejelt jie, un sonndags sünd de Buern an de Reje, da is nist anne tau maken."
Die Studenten ließen aber mit ihrer Forderung nicht locker; sie wären doch in so guter Stimmung, und die Bauernburschen müßten es doch einsehen, daß sie als zukünftige Pastöre, Richter und Bürgermeister vorgingen. Der Krüger ließ sich bereden und erklärte den so machte es Keuneke mit allen Keglern. Verwundert tranken die Bauern auch aus, und dann erklärte ihnen der Krüger: „Jie Döllmers, jie Tranköppe, seiht jie denn nich, dat dä Herrn Studenten kegeln willt? Jie dickdrebischen Bengels, wat staht jie noch da? Schert jüch rut, un lat' jüch hüte nich mehr seihn!" Als die Studenten sich wunderten, daß die Emmerstedter so friedlich die Kegelbahn räumten, meinte Krüger Keuneke: „Ja, dat mot'n elehrt hebben, jie künnt dat nich! Ik hebbe et dä ok dorch dä Blaume eseggt!"
Seit dieser Zeit heißt der Große Krug die „Emmerstedter Blume".
Erzählt von Lehrer Herbert Boitke, Emmerstedt